Es kann Jahre oder gar Jahrzehnte dauern, doch irgendwann ist es einfach so weit, dann ist der Tag gekommen, an dem das Ding einfach raus muss. Und am besten gleich noch das und dies und jenes mit dazu– alles Gegenstände, die nicht mehr benötigt werden oder seit ihrer Anschaffung unbenutzt irgendwo herumstehen.
Im Keller, auf dem Dachboden, in der Garage, im Küchenschrank oder im Wohnzimmer-Sideboard. Tschüss, ciao und good-bye! Egal, ob selbst gekauft oder geschenkt bekommen.
Zum Beispiel die Microfaser-Couch, schon etwas betagt, aber noch gut gepolstert und ohne ein einziges Brandloch. Oder die Kiste mit Kinderbüchern, Fünf-Freunde-Hörspielkassetten und Augsburger-Puppenkiste-Videos. Und natürlich das große Aquarium, auch ohne Wasser, Fische und Lava-Steine ein richtiges Schwergewicht. Warum nicht auch gleich den Kinderzimmer-Schreibtisch dazu stellen, wenn wir schon einmal beim Ausmisten sind. Schließlich hat Junior schon vor längerer Zeit im Hotel Mama ausgecheckt.
Rote Karte vom Sheriff
Die meisten dieser Dinge nehmen Platz weg, Raum, den man für Anderes, Wichtigeres, Neueres oder Schöneres dringend benötigen würde – auch deshalb müssen diese Sachen weg. Möglichst schnell, mühelos, ohne größeren Zeitaufwand – und am besten ohne weiten Transportweg.
Da bietet sich der Wertstoffhof am Ende der Welt nicht unbedingt als optimale Lösung an. Zumal es ja viele Dinge gibt, bei denen der mürrische Hof-Sheriff glatt die Annahme verweigert: „Ja das tut mir leid, das müssen Sie schon zur Sondermülldeponie in Feuerland bringen. Aber heute ist dort leider geschlossen. Die Öffnungszeiten sind Dienstags und Donnerstags von Neun bis Zwölf.“ Ja herzlichen Dank auch!
Es kann durchaus passieren, dass ein defekter Gartenstuhl aus FSC-zertifiziertem Eukalyptus-Holz nicht den geltenden Annahme-Kriterien eines Wertstoffhofes entspricht und der unerbittliche Müll-Marshall dem entbehrlichen Möbelstück die Rote Karte zeigt, „weil das Holz behandelt ist“.
Feuerbestattung
Also: Return to sender. Bring it back home. Holy shit! Bliebe noch die Möglichkeit einer Feuerbestattung in der Müllverbrennungsanlage, doch in die graue Restmülltonne passt der Stuhl leider auch nicht hinein.
Also Plan B: Werkzeug raus und ran ans lustige Schrauben und Sägen, bis das das Ding tonnengerecht zerlegt ist. Bleibt noch zu hoffen, dass die Filter der MVA rechtzeitig ausgetauscht wurden, um die beim Feuertod des Klappmöbels entstehenden Schadstoffe nicht entfleuchen zu lassen.
Aber was ist eigentlich mit Sperrmüll, wenn man größere Gegenstände, wie zum Beispiel Möbel, loswerden möchte? Dieser kommunale Service wird doch immer noch angeboten, oder? Ja schon, aber dieser Aufwand! Erst ins städtische Bürgerbüro, später zu Hause die Karte ausfüllen und zur Post bringen, dann auf die Terminbestätigung warten und schließlich feststellen, dass der Abholtermin mitten in den geplanten Italienurlaub fällt. Porca miseria!
Aber gottseidank gibt es ja noch einen anderen Weg, Dinge, die verzichtbar sind, auf bequeme Weise zu entsorgen. Man legt oder stellt sie einfach vor die Haustür oder auf den Gehweg, versieht sie mit einem Zettel oder Pappschild, worauf geschrieben steht: „Zum Mitnehmen“ oder „Zu verschenken“.
Zutiefst mitmenschlich
Diese Methode erfreut sich steigender Beliebtheit, nicht nur, weil sie so praktisch ist. Etwas zu verschenken ist natürlich eine zutiefst mitmenschliche Geste, und Verzicht zu üben erzeugt einfach ein gutes Gefühl, auch wenn der Verzicht auf eine durchgesessene, fleckige Couch bestimmt nicht allzu schwer fallen sollte.
Irgendjemand wird das Sofa schon noch gebrauchen können, immerhin lässt es sich ausklappen. Das ist doch top, wenn man mal Übernachtungsbesuch hat! Vielleicht findet ja auch der Moulinex-Grill, ein Hit aus den 80ern, einen neuen Besitzer. Obwohl darin schon Heerscharen von Hähnchen und Spießbraten Fett spritzend knusprig-heiße Runden gedreht haben, funktioniert er immer noch einwandfrei, allerdings müsste er einmal gründlich gereinigt werden. Aber für umsonst?
Das private Outsourcing nicht mehr benötigter Dinge erhält dann einen komischen Beigeschmack, wenn der Eigentümer das zu entsorgende Teil nicht vor der eigenen Haustür abgestellt. So fiel mir kürzlich während eines Spaziergangs ein Wohnzimmer-Glastisch ins Auge, den jemand direkt vor dem Altglascontainer unweit des Kinderspielplatzes deponiert hatte. Ein wirklich hässliches Trumm, aber über Geschmack lässt sich natürlich streiten.
Nicht gerade clever
Beim Betrachten des Tisches kam mir der Gedanke, das klobige Ding sei wahrscheinlich mit Kalkül genau dort platziert worden. Ein Glastisch am Glascontainer – klingt clever, ist es aber nicht. Denn ich habe berechtigte Zweifel daran, dass ein Mitarbeiter der Glas-Recycling-Firma auf seiner nächsten Container-Leerungs-Tour diesen Tisch mitnehmen würde, falls bis dann noch niemand Gefallen an ihm gefunden haben sollte.
Deshalb ist es eigentlich eine Frechheit, den Glastisch dort abzustellen. Da gibt es auch für den aufgeklebten Zettel mit der Aufschrift „Zu verschenken“ keine mildernden Umstände.
Aber, liebe Leute, natürlich spricht grundsätzlich nichts dagegen, noch brauchbare Dinge vor der Haustür oder auf dem Bürgersteig eine angemessen Zeit lang umsonst anzubieten. Manchmal ist es schon erstaunlich, was Menschen noch alles gebrauchen können und mit nach Hause schleppen oder karren.
Vielleicht werde ja auch ich in nicht all zu ferner Zukunft beschließen, mich von meiner umfangreichen Rock-LP-Sammlung zu trennen. Und dann, an einem sonnigen Tag, das ganze Vinyl, ungefähr tausend Platten, vom Dachboden herunter schleppen und vor den Gartenzaun stellen: umsonst und draußen.
Nur Schlager und Volksmusik
Natürlich hoffe ich, damit einem Fan von Bands aus den 60ern, 70ern und 80ern eine Riesenfreude zu machen, einem unverbesserlichen Nostalgiker, der eine analoge Ader hat und noch einen funktionstüchtigen Turntable besitzt. Ich weiß allerdings nicht, ob ein normaler Kombi genug Platz hat, um die ganzen Scheiben zu transportieren –oder ob man einen Sprinter mieten muss.
Wann dieser Tag kommen wird, weiß ich, ehrlich gesagt, noch nicht. Aber eines weiß ich ganz genau: Ich werde meine ganzen Platten nicht zum Wertstoffhof bringen. Im möchte keinesfalls riskieren, dass der diensthabende Müll-Aufseher mich mit dem ganzen Vinyl wieder nach Hause schickt, weil „in dieser Einrichtung nur Schlager und Volksmusik angenommen werden“. Für Rock- und Pop-Musik sei der Recyclinghof im Nachbar-Landkreis zuständig.