Seid ihr denn alle verrückt?

Die spinnen, die Menschen! Halbieren Autos, schlürfen Austern, kaufen Zwei-Tonnen-SUVs, schließen Postämter, tragen Masken beim Radeln und halten Quicksilver Messenger Service für ein Tochterunternehmen von UPS.

 

Sie belegen eine Pizza mit Spiegelei, können einen Buntspecht nicht von einem  Eichelhäher unterscheiden und glauben ernsthaft, mit ihrem Tesla den Klimawandel aufhalten zu können. 

 

Sie halten ihren Stein- und Kiesgarten für ein Stück Natur, glauben, ihr Bluetooth-Lautsprecher liefere reinsten HiFi-Sound, und ruinieren sich vor ihrem 75-Zoll-TV-Screen Nackenmuskeln und Halswirbel. Sie nehmen sich vor, im nächsten Jahr ihren Urlaub im Allgäu zu verbringen ("Da ist es doch auch schön!") , um dann doch wieder Malle zu buchen.

 

Sie halten sich für tierlieb, schrecken aber nicht davor zurück, der Spinne in der Schlafzimmerecke mit dem Staubsauber zu Leibe zu rücken. Sie schimpfen über den Nachbarn, weil der immer noch einen betagten Diesel fährt ("Bestimmt noch ohne Rußfilter!"), verbrennen aber im Winter in ihrem alten Kaminofen einen halben Buchenwald. Ja sind die denn noch ganz dicht?

 

Ich will mich ja nicht selbst loben, aber so verrückt bin ich nun wirklich nicht! Ich schone den Straßenbelag (Wissen Sie eigentlich, was es uns Steuerzahler kostet, eine Straße neu zu asphaltieren?) , indem ich mit meinem Mountainbike, immer wenn möglich, auf Feldwegen fahre. Für die Wintersaison ziehe ich spezielle Reifen mit Spikes auf. Falls ich dann doch einmal in die Stadt radeln und richtige Radwege benutzen muss, brauchen die Stadtwerke-Mitarbeiter nicht so viel Salz streuen – das ist gut für die Umwelt.

 

Für die Tierwelt tue ich auch 'ne Menge. Unsere Gartenvögel das ganze Jahr über zu füttern, versteht sich von selbst. So leiste ich auch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt bedrohter Arten, wie zum Beispiel der zierlichen Schwanzmeise.

 

Auch Igel es haben bei uns gut. Täglich wird ein großer Teller mit speziellem Igelfutter gefüllt und vor die großen Büsche gestellt. Auf die Leckereien, eine wohlriechend Mischung aus Würmern, Shrimps, Eiern, Nüssen, Getreide und Fleisch, stürzen sich die hungrigen Stacheltiere, sobald es abends dunkel wird.

 

Leider lässt der Marder, der anscheinend sein Revier bei uns bezogen und vor ein paar Tagen  im Motorraum des Audi unseres Nachbarn gewütet und dort reichlich Schaden angerichtet hat, den lieben Igeln in letzter Zeit so gut wie nichts mehr übrig. Das ist schade. Aber auch ein Marder muss leben dürfen. Bei der Nacktschnecke bin ich mir da nicht so sicher …